Seeforellen waren im Chiemsee-Zufluss einst zahlreich, in den letzten fünf Jahren suchte der Landesfischereiverband vergeblich nach ihnen. Ein Kraftwerk macht den Fluss zur Sackgasse.
Die Tiroler Ache war einmal das bayerische Vorzeigegewässer für Seeforellen. Als größter Zufluss des Chiemsees, stiegen hier die großen Fische den Fluss und seine Nebenarme hinauf, um im sauberen Kies ihre Eier abzulegen. Heute wandert dort fast nichts mehr – ein Wasserkraftwerk versperrt den Weg. In dieser Woche gelang es einem Team des Landesfischereiverbands um den Gewässerökologen Robert Asner endlich, eine laichreife Seeforelle in der Ache nachzuweisen.
Direkt unterhalb des Kraftwerks Marquartstein ging ihnen der Fisch mit 62 cm Länge in den Kescher, zwei weitere ähnlich große Fische konnten in der starken Strömung entwischen. Nach einer kurzen Untersuchung wurde das silbrig glänzende Tier zurück ins Wasser gesetzt und freigelassen. Bei aller Freude über den Nachweis bleibt ein großer Wehrmutstropfen für Asner: „Das Wasserkraftwerk versperrt den Fischen den Weg zu ihren Laichgebieten. Zwar gibt es eine so genannte Fischtreppe, doch es mehren sich Hinweise und Belege, dass diese nicht ausreichend funktioniert.“ Um das zu überprüfen, untersucht der Landesfischereiverband bereits seit 2013 mit Unterstützung der Anwohner und der Fischereivereine die Fischwanderung in der Tiroler Ache. Im Oktober installierte Asners Team an Anfang und Ende der Fischtreppe Unterwasserkameras. Sie erfassen, welche Fische das Wanderhindernis erfolgreich überwinden. Bisher ist keine Seeforelle belegt, die die Fischtreppe passiert hätte – obwohl sie nun am Kraftwerksauslauf nachgewiesen sind. Denn durch den hohen Abfluss am Triebwerksauslauf werden die starken Schwimmer offensichtlich fehlgeleitet und landen sprichwörtlich in der „Sackgasse“.
Die Seeforelle steht auf Bayerns Roter Liste und ist vom Aussterben bedroht. Damit es nicht so weit kommt, engagieren sich der Landesfischereiverband, der Tiroler Fischereiverband, zahlreiche Fischereivereine und Berufsfischer für ihren Erhalt. Sie züchten die Fische nach und setzen sie in geeigneten Flüssen aus. Dort wachsen die kleinen Forellen heran und wandern später in die Seen ab. Wenn sie laichreif sind, steigen sie zurück in die Flüsse um sich fortzupflanzen. Die Seeforellen versuchen – ähnlich den verwandten Lachsen – zum Laichen an den Ort ihrer eigenen Geburt zurückzukehren. Für die Wiederansiedlung bringt der Landesfischereiverband deshalb befruchtete Seeforelleneier in den Bachoberläufen aus. Dadurch werden die Fische auf ihr Heimatgewässer geprägt, man spricht hier vom „Homing Effekt“.