PRESSEMITTEILUNG: BAYERNS FISCH DES JAHRES 2026: DIE ÄSCHE

Wo das Wasser sauber und die Natur intakt ist, lebt die Äsche – doch in Bayern ist sie stark gefährdet

Oberschleißheim, 28.10.2025 – Sie ist ein Symbol für klares, lebendiges Wasser und ein Gradmesser für den Zustand unserer Flüsse: die Äsche (Thymallus thymallus). Der Landesfischereiverband Bayern hat diesen charakteristischen Salmoniden zum Bayerischen Fisch des Jahres 2026 gewählt – und lenkt damit den Blick auf den zunehmenden Verlust naturnaher Fließgewässer in Bayern und den besorgniserregenden Zustand der Fischbestände: laut dem bayerischen Fischzustandsbericht 2024 sind heute bereits 53 Prozent der heimischen Flussfischarten gefährdet.

„Die Äsche steht wie kaum eine andere Fischart für sauberes, sauerstoffreiches Wasser und eine intakte Flusslandschaft“, betont Axel Bartelt, Präsident des LFV Bayern. „Doch genau diese Lebensräume verschwinden in Bayern mehr und mehr. Wenn wir nicht aufpassen und konkrete Maßnahmen ergreifen, werden wir diesen wunderschönen Fisch in Bayern verlieren und unsere Kinder lernen ihn dann nur noch aus Büchern kennen.“

Leitfisch einer ganzen Region

Die Äsche gilt als Leitart der sogenannten Äschenregion – jener Flussabschnitte, in denen das Wasser kühl, klar und reich an Sauerstoff ist. Sie bewohnt vor allem mittelgroße Bäche und Flüsse mit kiesigem Grund wie die Isar im Voralpenraum, den Schwarzer Regen im Bayerischen Wald oder die Wiesent in Franken, in denen sie im Frühjahr (März–April) laicht. Dabei legt sie ihre Eier in flache Kiesbetten, die vor Feinsedimenten und plötzlichen Wasserstandsschwankungen geschützt sein müssen.

Doch genau diese Bedingungen sind in vielen bayerischen Gewässern kaum mehr gegeben. Stauhaltungen, Schwallbetrieb, Uferverbauungen, Einträge aus der Landwirtschaft mangels ausreichender Uferrandstreifen und der Verlust natürlicher Kiesflächen beeinträchtigen die Fortpflanzung der Art bereits seit Jahren erheblich. Hinzu kommen zusätzlich steigende Wassertemperaturen, die als Folge des Klimawandels den Lebensraum der Äsche weiter einschränken.

„Die Äsche zeigt uns als sehr sensibler Gradmesser, wie weit sich unsere Gewässer von ihrem natürlichen Zustand entfernt haben und weiter entfernen“, so Bartelt weiter. „Renaturierung, Strukturvielfalt und eine naturnahe Wasserbewirtschaftung sind keine Luxusprojekte, sondern Voraussetzung für lebendige Flüsse in Bayern und damit wichtig für uns alle. Die Äsche erinnert uns eindringlich daran, dass jeder Eingriff ins Ökosystem Folgen hat.“

Der Äsche geht es nicht erst seit kurzem, sondern seit den Neunzigerjahren schlecht. Deshalb gab es bereits etliche Aktionen zu ihrem Schutz. Mit großem Aufwand fördern Fischereivereine die Nachzucht von Äschen zur Auswilderung in den freien Gewässern, um die Bestände zu stützen. Doch neben dem beeinträchtigten Lebensraum stellen insbesondere Prädatoren eine große Gefahr für die Bestände der Äsche dar. Äschen halten sich überwiegend im Freiwasserbereich auf und nicht in geschützten Uferbereichen – damit sind sie leichte Beute für ihre Fraßfeinde. Die massive Zunahme von Kormoran-, Gänsesäger- und Fischotter haben einen direkten Einfluss auf die Äschenbestände. Es braucht also zu den Renaturierungsanstrengungen auch ein zielgerichtetes Wildtiermanagement für diese Beutegreifer, wenn die Äsche in Bayern eine Zukunft haben soll.

Fischer im Einsatz für die Äsche

Bayerns Fischerinnen und Fischer engagieren sich seit Jahrzehnten für den Erhalt der Äschenbestände. Neben Schonmaßnahmen, und Wiederansiedlungsprojekten stehen vor allem Habitatverbesserungen im Fokus: das Aufweiten von Flussläufen, die Wiederherstellung von Kiesbänken und die Sicherung durchgängiger Fließgewässer.

Doch der Schutz dieser für Bayern charakteristischen Fischart kann nur gelingen, wenn die ökologische Funktionsfähigkeit der Flüsse langfristig wiederhergestellt wird. Dafür braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung von Wasserwirtschaft, Fischerei, Politik und Gesellschaft. Die Wahl der Äsche zum Bayerischen Fisch des Jahres 2026 ist daher mehr als eine symbolische Geste – sie ist ein dringender Appell, sich intensiver um Bayerns Flüsse zu kümmern, damit wieder mehr Leben im Wasser möglich ist.

Fotos: Lukas Kaiser


 

Der Klimawandel und die Folgen für unsere heimischen Gewässer

Hohe Temperaturen, geringere Niederschläge im Sommer und eine Zunahme von Extremwetterereignissen. Das sind die Folgen des menschengemachten Klimawandels. Dass die globale Erwärmung und die damit verbundenen klimatischen Veränderungen, Auswirkungen auf die Gewässer haben werden, ist sicher. Bei der Frage welche Auswirkungen der Klimawandel auf unser Ökosystem hat, ist jedoch viel Forschungsbedarf vorhanden und so ist das Thema Gegenstand zahlreicher Untersuchungen weltweit.

Bisherige Erkenntnisse legen nah, dass Gewässer und die darin lebenden Tiere z.B. Fische besonders sensibel auf Temperarturveränderungen reagieren werden. Da die aquatischen Organismen anders als Landlebewesen den steigenden Temperaturen schlecht ausweichen können, sind sie besonders anfällig und leiden unter Stress und direkten Schädigungen, bis hin zum Tod. Durch die fehlende Durchgängigkeit in den bayerischen Fließgewässern wird das Problem für die einzelnen Individuen verstärkt. Gerade Flora und Fauna der Alpen- und Voralpengewässer werden nach Einschätzung der Forschung sensibel reagieren.

Fische leiden besonders

Fische als wechselwarme Tiere sind besonders anfällig für Veränderungen ihrer Umgebungstemperatur. Besonders kaltstenotherme Arten, also Fischarten, die mit Temperaturerhöhungen schlecht umgehen können, werden durch die globale Erwärmung in Mitleidenschaft gezogen: zum Beispiel Bach- und Seeforelle, Rutte, Mühlkoppe oder Seesaibling.

Um die Folgen der Klimaerwärmung auf unsere heimische Fischfauna abschätzen zu können, untersuchte der Landesfischereiverband Bayern die Temperaturerhöhung in ausgewählten bayerischen Flüssen. In einer ersten Vorstudie wurden an mehreren Standorten Datenlogger eingebracht, die den Temperaturverlauf erfassten. Hierbei wurden auch weitere menschliche Einflüsse berücksichtigt, dazu zählen Kühlwassereinleitungen, Ausleitungen oder große, stark sonnenexponierte Stauhaltungen. Die hydrologischen Veränderungen der Gewässer durch den Menschen, verstärken die Effekte und nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels. Auch in der anschließenden Studie spielten Temperaturveränderungen durch anthropogene Eingriffe eine Rolle. An sieben Kleinwasserkraftanlagen in Bayern wurde der Einfluss der Wasserentnahme und des somit veränderten Abflussregimes auf die Wassertemperatur genauer untersucht.

28 Grad in der Amper

Im Rahmen der Temperaturerhebung konnten bereits 2015 sehr hohe Temperaturen erfasst werden. An einem der Messstandorte an der Amper nahe dem Austritt aus dem Ammersee, betrug die maximal gemessene Wassertemperatur Anfang Juli 27,9 °C. In Würm und Main waren die Temperaturwerte ähnlich hoch. Die Amper gehört zur Barbenregion. Ihr Leitfisch die Barbe ist laut der Roten Liste Bayern als gefährdet eingestuft. Die obere Maximaltemperatur, bei der sie noch überlebensfähig ist, beträgt laut Literatur 30°C und liegt somit nur noch knapp über dem gemessenen Wert. Früher typische Bewohner der Amper, wie Äsche und Huchen, sind heute weitgehend verschwunden. Fischarten wie Waller und Rotauge kommen hingegen mit den hohen Temperaturen besser klar. Der bayernweit anhaltende Trend bei der Zunahme des Wallers dürfte maßgeblich auf steigende Wassertemperaturen zurückzuführen sein. Für viele Fischarten bedeuten diese hohen Temperaturen Stress, sie stellen die Nahrungsaufnahme ein. Je höher die Wassertemperatur desto weniger Sauerstoff kann im Wasser gelöst werden. Gleichzeitig beschleunigt sich der Stoffwechsel der wechselwarmen Tiere und der Sauerstoffbedarf steigt. Die Folge ist, dass die Tiere nicht mehr ausreichend Sauerstoff über die Kiemen aufnehmen können um ihren Bedarf zu decken. Die Belastung des Metabolismus macht die Fische zudem anfällig für Krankheitserreger.

Fischregionen verschieben sich

Forscher gehen davon aus, dass sich durch den globalen Temperaturanstieg die natürlichen Verbreitungsgebiete der heimischen Fischarten verändern. Die vormals im Unterlauf gelegenen Fischregionen werden sich infolge des Temperaturanstiegs voraussichtlich flussaufwärts verschieben und dort wo dies nicht möglich ist, schrumpfen oder gänzlich verschwinden. Grundsätzlich bewegen sich die Verbreitungsgebiete der Tier- und Pflanzenarten nach Norden und von Süden aus werden vermehrt wärmeadaptierte Neobiota einwandern. Diese nicht einheimischen Tier- und Pflanzenarten konkurrieren bspw. mit heimischen Fischarten um Nahrung und Lebensräume. Auch die wirbellosen Organismen (z.B. Makrozoobenthos) die den Fischen als Nahrung dienen und eine wichtige Funktion in der aquatischen Biozönose erfüllen, können empfindlich auf klimatische Veränderungen reagieren. Bereits kurze Perioden von Extremtemperaturen z.B. bei Niedrigwasserphasen oder das komplette Austrocknen des Flussbetts können nicht nur zu Fischsterben führen, sondern auch die Nahrungsgrundlage der Fische stark beeinträchtigen. Durch extreme Niederschlagsereignisse werden zudem vermehrt Sediment, Nährstoffe und Pflanzenschutzmittel in die Gewässer geschwemmt, was ebenfalls einen direkten negativen Einfluss auf die Fischfauna, aber auch die gesamte Artengemeinschaft und das Ökosystem des Gewässers haben kann.

Wie gehen wir Fischer mit den Veränderungen um?

Die Fischerei, in ihren unterschiedlichen Formen, der Teichwirtschaft, der Fluss- und Seenfischerei und der Angelfischerei wird sich in ihrer Bewirtschaftung an die geänderten Gegebenheiten anpassen müssen. Die Teichwirtschaft wird vermehrt auf innovative Techniken wie solarbetrieben Teichbelüftung setzen müssen. Gleichzeitig sollte besonderer Wert auf die Einhaltung der guten fachlichen Praxis gelegt werden. In manchen Regionen wird langfristig eine Anpassung der produzierten Fischarten an wenig empfindlichen Arten notwendig sein. Die Fluss- und Seenfischerei wird ebenfalls mit einer weiteren Verschiebung des gefangenen Artenspektrums rechnen und sich mit passenden Vermarktungsstrategien anpassen müssen. Auch die Angelfischerei ist von den Veränderungen der Fischbiozönose und der Verschiebung der Fischregionen betroffen. Zukünftig wird daher auch der Besatz an die  veränderten fischereilichen Verhältnisse angepasst werden müssen, um eine ertragreiche und ökologisch vertretbare Fischerei zu gewährleisten. Die Bewirtschaftung von Gewässern mit kälteliebenden Fischarten wird an Bedeutung verlieren und die Entnahme von wärmeliebenden Fischarten (z.B. Waller, Weißfische) wird zunehmend wichtiger.

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