Genehmigung für Wasserkraftanlage an der Ramsauer Ache war nicht zulässig

Naturschutz siegt vor Gericht: Landratsämter müssen bei Umweltfragen sorgfältiger Prüfen

Das Verwaltungsgericht München schafft Klarheit: Der Neubau einer Wasserkraftanlage „Am Felsentor“ an der Ramsauer Ache, Landkreis Berchtesgadener Land, hätte nicht genehmigt werden dürfen. Wegen des Fehlens einer Umweltverträglichkeitsprüfung, sowie massiver Eingriffe in ein geschütztes Biotop hatten der Bund Naturschutz Bayern mit finanzieller Unterstützung des Landesbund für Vogelschutz und der Landesfischereiverband Bayern 2015 Klagen gegen den Bescheid und damit gegen das Landratsamt Berchtesgadener Land eingereicht.

Der vorsitzende Richter verwies auf die im Vorfeld des Verfahrens bereits getroffene Entscheidung des 8. Senats am Verwaltungsgerichtshof (VGH). Gemäß dieser sei im vorliegenden Verfahren die Frage der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) maßgebend. Hinzu käme eine Beurteilung des Vorhabens mit Blick auf die Maßgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Aufgrund der Komplexität der Frage zur WRRL zog das Gericht eine Behandlung der Aspekte zur UVP vor.

„Die Entscheidung des Gerichts ist für den Naturschutz in der Region richtungsweisend“, so Rita Poser, Kreisvorsitzende des BN Berchtesgadener Land. „Der Biotopschutz kann und darf nicht blindlings unternehmerischen Interessen geopfert werden“.

Der vorsitzende Richter betonte mehrfach, dass ein Verwaltungsverfahren mit UVP, in diesem Fall ein Planfeststellungsverfahren, aufgrund der zu erwartenden Auswirkungen der Wasserkraftnutzung unumgänglich gewesen wäre. Sollte der Antragsteller am Kraftwerksbau festhalten wollen, müsse mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), ein vollumfängliches Planfeststellungsverfahren mit UVP durchgeführt werden. Eine Ergänzung des bisherigen Antragsverfahrens um eine UVP sei nicht zulässig.

„Der Ausgang des Verfahrens ist ein wichtiger Prüfstein für laufende und neue Wasserkraftanträge“, berichtet Johannes Schnell, Artenschutzreferent des Landesfischereiverbands Bayern. „Wir stellen derzeit bei einer Vielzahl von Antragsverfahren fest, dass für Neu- oder Ausbau von Wasserkraftanlagen eine UVP behördlicherseits allzu gerne beiseitegelassen wird.“

Nachdem der Antragsteller seinen Bauantrag zurückgezogen hatte, beschloss das Gericht im Einvernehmen mit den anwesenden Parteien, die Klageverfahren von LFV Bayern und Bund Naturschutz einzustellen. Das Landratsamt Berchtesgadener Land als Beklagter trägt die Kosten beider Verfahren.

Ein Schadenersatzanspruch für bereits getätigte Investitionen des Antragstellers besteht nicht. Die Investitionen fallen laut Gericht in den Bereich des unternehmerischen Risikos.

Ein weiterer Erfolg ist, dass die Klagen der beiden Naturschutzorganisationen zulässig waren, obwohl diese eigentlich nur bei Verfahren mit im Vorfeld festgestellter UVP-Pflicht klagebefugt sind. Maßgeblich hierfür sind seit 2013 die rechtlichen Vorgaben der EU, die laut Angaben des vorsitzenden Richters der Öffentlichkeitsbeteiligung einen sehr hohen Stellenwert einräumt.

Eiszeit in Bayern – und die Fische leiden

Kormorane belagern eisfreie Flüsse, Fischbestände akut gefährdet. Landesfischereiverband Bayern fordert Verlängerung der Verordnung zur Kormoranvergrämung.

Es ist kalt in Bayern. Seen, Teiche und Weiher sind schon lange zugefroren. Auf der Suche nach Nahrung stürzen sich vielerorts Trupps von bis zu mehreren hundert Kormoranen auf die eisfreien Flüsse und Bäche. Die ohnehin angeschlagenen Fischbestände geraten zusätzlich unter Druck. Laut des Fischzustandsberichts des Landwirtschaftsministeriums gelten bayernweit 77 Prozent aller Fischarten als gefährdet. In Bayern leben mittlerweile bis zu 10.000 Kormorane und fressen etwa 600 t Fisch im Jahr, in ganz Europa fressen die rund 2 Millionen Tiere gar 300.000 t – das ist mehr, als die gesamte teichwirtschaftliche Produktion in Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, Ungarn und Tschechien zusammen. Der überproportionale Fraßdruck richtet enorme Schäden an der Fischpopulation an.

Im Gegensatz zu den meisten Fischarten, ist der Kormoran schon lange nicht mehr gefährdet. Die Bestände in Europa sind mittlerweile so hoch wie nie zuvor.

Abschuss muss möglich bleiben

Zwar dürfen zum Schutz der Fische in Bayern Kormorane an Gewässern vergrämt werden, auch durch gezielte Abschüsse. Doch die entsprechende artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung läuft in diesem Jahr aus. Die momentane Extremsituation macht deutlich, wie wichtig es ist, am bayerischen Weg der Kormoranvergrämung festzuhalten. Die bayerische Verordnung muss zum Schutz der Fischfauna dringend verlängert werden. Darüber hinaus ist ein deutsches und europäisches Monitoring erforderlich.

„Zur vorgegebenen Erreichung eines guten ökologischen Zustands gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie wendet der Staat enorme Summen für die Verbesserung der Fließgewässer auf. Ohne flankierende Artenhilfsprogramme der Fischer wären viele Fischarten bereits aus den Gewässern verschwunden. Diese Investitionen in die Zukunft unserer Gewässer dürfen nicht durch eine einzige Vogelart zunichte gemacht werden“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Albert Göttle, Präsident des Landesfischereiverbands Bayern. „Nur wenn weiterhin an allen Stellschrauben gedreht wird, ist es möglich eine halbwegs natürliche Artenzusammensetzung in unseren Gewässern zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Regulierung der Zahl dieses zugewanderten Raubvogels.“

Aktuelle Situation in Bayern:

Isar: Vom Sylvensteinspeicher bis zur Isarmündung werden enorme Zahlen an Komoranen gemeldet. In Bereichen, in denen sich normaler Weise 5-15 Exemplare finden, sind es derzeit bis zu 200.
Wiesent: Am gesamten Lauf der Wiesent werden momentan täglich viele Trupps von an die 50 Kormoranen gezählt.
Lech: Der Flusslauf und die eisfreien Staustufen werden derzeit täglich immer wieder von Gruppen von mehr als 200 Kormoranen belagert
Main: In verschiedenen Abschnitten des fränkischen Mains sammeln sich in dieser Kälteperiode Trupps von mehr als 100 Vögeln.

Weiterführende Informationen zum Kormoran in Bayern

Zahlen zur allgemeinen Bestandssituation des Kormorans finden Sie in unserer interaktiven Karte.

Praxishandbuch Fischaufstiegsanlagen in Bayern

Hinweise und Empfehlungen zu Planung, Bau und Betrieb

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